Ceramic Creutzfeldt in Überlingen am Bodensee
 
   

Ausstellungsbeteiligung von Keramik-Atelier Ceramic Creutzfeldt:

aus dem Südkurier, Ausgabe Überlingen, 30.12.2003

Beziehungen und Strukturen

Bodensee-Club zeigt Winterausstellung "Paare" im "Faulen Pelz" Überlingen

Auf den ersten Blick: ein erdiger Hintergrund, wilde grüne und rote Pinselstriche, zwei Hände, als Umrisslinien ineinandergreifend gezeichnet und eine schwungvolle Signatur am rechten unteren Bildrand "Diego Rivera 1925". Der zweite Blick sieht mehr: Die wilden grünen und roten Pinselstriche sind Buchstaben und deren Fragmente, die sich zu einem Namen zusammensetzen: "Frida". Die Titel verraten, dass es sich eigentlich um zwei Bilder der Künstlerin Ellis Vilà handelt: "Frida & Diego", "Rivera & Kahlo", einzeln verkäuflich, die aber so dicht gehängt sind und ineinander überzugehen scheinen, dass man sie sich schwer auseinander gerissen vorstellen kann. Diesen formalen Aspekt spiegelt das Thema: Das Künstlerpaar Frida Kahlo und Diego Rivera, die als Paar zusammengehören und doch nicht eins sind. Schlicht: Es geht um den Begriff "Beziehung".

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Monika Spiller mit ihren schmalen Hochformaten "Was für ein schönes Paar: Er" und "Was für ein schönes Paar: Sie". Eine Frau und ein Mann, beide nackt, präsentieren ihren Rücken, die Profile blicken in die jeweilige Gegenrichtung, wenden sich voneinander ab. Beide sprengen schier den eigenen Rahmen, alles ist Körpermasse. Wo sich jeder selbst zu viel ist, aber einzeln genommen sinnlos erscheinen würde, grinst hinterlistig der Titel: "Was für ein schönes Paar".

Eine besondere Beziehung ist die zwischen Modell (Natur) und dessen Abbild. Jörg Wizemann ironisiert diese in seiner Collage "Vermeers Modell", deren Aufbau an die niederländischen Genrebilder des 17. Jahrhunderts denken lässt, mit denen sich Jan Vermeer als Spezialist auszeichnete. Wizemann macht es dem Betrachter nicht leicht: Verführerisch fixiert ihn das vermeintliche Modell, zusammengesetzt aus Hochglanz-Fotodruck und Malerei, während hinter ihm

in einem undefinierten gemaltem Raum eine kolorierte Fotokopie des Gemäldes "Das Mädchen mit der Perle" (um 1660) von Jan Vermeer auf einer Staffelei steht.

Das "Modell" als Warnung und Erinnerung: Alle Malerei ist Fiktion und Interpretation, keineswegs Abbild der Natur? Eine komplexe Frage, die die Geschichte der Kunst seit ihrem Anbeginn immer wieder neu beschäftigt. Ebenso, spätestens seit Walter Benjamin, die Diskussion um das "Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit". Was hier bleibt ist die Nachahmung eines Abbildes, die dem Betrachter als ursprüngliches "Modell" augenzwinkernd entgegentritt.

Das "alte Paar" von Alexander Weinmann neigt sich gemächlich und fast unmerklich leicht nach vorn. Morsches Holz steckt auf rostigen Eisenstäben, die in einer flachen schweren Eisenplatte verankert sind. Die unbehandelte Oberfläche, hier und da brüchig, gar löchrig, so dass man hindurch schauen kann, lässt Raum für eigene Assoziationen: Ein altes Paar verneigt sich etwas zerzaust vor den Besuchern und erzählt die Geschichte von der Vergänglichkeit und der Schönheit des Alters. Fast allen Skulpturen von Alexander Weinmann liegt die Verdoppelung einer Figur zu Grunde, die jedoch nie deckungsgleich funktioniert.

Paare, die einfach aus ihrer Doppelheit bestehen, schaffen Struktur, wie beispielsweise die Arbeit von Rosemarie Pauli zeigt. Sie hat in drei übereinander hängenden Schaukästen Papier gefaltet und bemalt, wobei sich immer zwei Elemente aufeinander beziehen.

Angelika Brackrock dagegen hebt ein Paar überdimensional vergrößerte und grob aus Holz geschnitzte Schuhe auf einen niedrigen Sockel. Denn der Mensch hat ja nun mal zwei Füße. Die Frage muss gestattet sein: Hat es, um dies zu verdeutlichen, noch der zweiteiligen Arbeit "Auf dem Laufsteg" bedurft, die in langen hochformatigen Rahmen paarweise Sandalen in exklusiver Optik anordnet? Es mag ein frischer, unbelasteter Zugang zum Thema der Ausstellung "Paare" sein, den die Künstlerin hier präsentiert. Allerdings wirkt er am Ende der Schau, folgt man der Reihenfolge der Hängung, mit Verlaub und im Vergleich mit dem Thema "Händepaar", das in anderen Arbeiten aufgearbeitet wird, recht oberflächlich und wenig überzeugend.

Pia Nadine Silberzahn